Wunderbare
Wild Coast
Manche
Besucher wundern sich, dass es bei uns ja gar nicht wie das Afrika aussieht,
was sie in den Köpfen hatten. Nun, das mag sein, wir leben in einem Stückchen
Europa am Ende des Kontinents. Es gibt aber noch das ursprüngliche Afrika und
zwar am Eastern Cape, das ist das Gebiet zwischen Port Elizabeth und Durban. Dieses Gebiet ist sehr unerschlossen und schwierig
zu bereisen, darum lassen auch die meisten Touristen auf ihrer Tour durch
Südafrika diese Gegend aus. Auch für uns war es unbekanntes Terrain. Grund
genug, dort mal hinzufahren, also sind wir nach Port Elizabeth geflogen, haben
uns dort ein Auto gemietet und los ging es Richtung Nord-Ost. Zunächst kamen
wir durch die Ciskei, ein ehemaliges so genanntes „Homeland“. Während der
Apartheid hat die weiße Regierung diese Homelands als unabhängige Staaten
eingerichtet, in denen die jeweiligen schwarzen Stämme unter sich leben
sollten. Das hatte für die Regierung den Vorteil, dass man sich nicht um die
Infrastruktur und die weitere Entwicklung kümmern brauchte. Da es hier aber
keine Industrie oder professionelle Landwirtschaft gab, ging es natürlich
wirtschaftlich nicht weiter, was bis heute so geblieben ist und die Menschen
leben in ihren Traditionen wie vor hunderten von Jahren. Heute gehören diese
Gebiete wieder zu Südafrika, aber nach wie vor leben hier wie auch in der
Transkei (wo wir später noch hinkommen) fast ausschließlich Schwarze vom Stamm
der Xhosa. Es ist eine hübsche, hügelige, sehr grüne
Gegend und überall verstreut liegen kleine Rundhütten.
Kurz
vor East London treffen wir auf ein Hinweisschild nach Hamburg. Das muss man sich
doch angucken!
Nach
einer langen holprigen Piste begrüßt uns das Ortsschild, was aber nicht grade
eine pulsierende Hafenstadt verspricht.
Der
Ort wurde 1857 von deutschen Siedlern gegründet und damals hofften sie, hier
einen Hafen anlegen zu können, woraufhin sie den Namen wählten. Doch schon bald
stellte sich heraus, dass die Flussmündung viel zu schnell versandet und heute
ist nichts mehr von diesen Bemühungen zu sehen. Das Dorf liegt in einem
Dornröschenschlaf und der Strand ist unberührt geblieben.
Kurz
darauf kommen wir nach East London, einer Industriestadt, in der hauptsächlich
die Autoindustrie (Mercedes-Benz) dominiert. Zu unserem großen Erstaunen hat
man uns hier ein Denkmal errichtet. Es sieht zwar etwas altmodisch aus, wir
fanden es aber trotzdem nett:
Ansonsten
gibt es hier nicht viel zu sehen und man fährt am besten schnell durch. Ein
paar Kilometer außerhalb haben wir in dem hübschen kleinen Badeort Gonubie übernachtet.
Ab
hier beginnt jetzt die Wildcoast in der ehemaligen
Transkei, einer noch wilderen und unerschlosseneren Gegend
als die Ciskei. In Kei Mouth
müssen wir den Fluss mit einer abenteuerlichen Ponton-Fähre überqueren.
Früher
wurde die Fähre an einem Seil herübergezogen, heute hat man schon einen
Außenbordmotor, von dem man allerdings hofft, dass er unterwegs nicht abfällt.
Auf
der anderen Seite des Flusses erwarten uns nur noch wilde Pisten. Für die
nächsten 47 Kilometer haben wir 3 Stunden gebraucht. In völliger
Abgeschiedenheit und in tropischer Vegetation liegt das einfache
Man
fühlt sich wie im Dschungel, es herrscht hier ein feuchtwarmes Klima und jeden
Abend gibt es stundenlange schwere Gewitter. Es sind sehr wenige Gäste da und
darum hat man den Strand auch für sich alleine.
Die
Strände sind hier oft in kleinen Buchten, denn meistens fallen die Berge steil
ins Meer ab, aber grade das macht ja die unglaubliche Schönheit der Wild Coast aus:
Auch
hier sieht man überall die Rundhütten verstreut liegen. Die Menschen leben hier
nicht in Dörfern, sondern clanweise zusammen. Jeder
Clan baut für sich ein wenig Mais an und sie besitzen ein paar Kühe und Ziegen,
die überall herumlaufen, da das Weideland allen gehört und es keine Zäune gibt.
Diese
traditionelle Lebensweise mag zwar romantisch erscheinen, ist aber nicht
besonders zukunftssicher, denn jeder erzeugt nur etwas für seinen eigenen
Bedarf und generiert kein zusätzliches Einkommen. Die Regierung versucht zwar,
die Leute dazu zu bewegen, gemeinsam Landwirtschaft zu betreiben, aber bisher fast
ohne Erfolg. Daher leben die meisten von Sozialhilfe und Kindergeld, denn
Kinder gibt es hier unglaublich viele. Männer im arbeitsfähigen Alter sind kaum
zu sehen, denn die arbeiten überall verstreut im Land. So sieht man fast nur
Frauen auf dem Feld und beim Hausbau. Weiße Menschen sieht man sehr selten, nur
einige wenige haben sich an einsamen Stellen ein Ferienhaus gebaut.
Wir
fahren weiter auf rauen Pisten, auf denen sich unser kleiner Chevy mit den
winzig kleinen Rädern einer Schubkarre sehr schwer tut. Ständig muss man Angst
haben, dass er nicht vollständig in einem Schlagloch verschwindet. Die
Durchschnittsgeschwindigkeit liegt bei ca. 20km/h. Dieses ist eine wichtige
Hauptverbindungsstraße, die anderen sehen viel schlimmer aus:
Aber
nicht nur die Straßen erschweren das Fortkommen, sondern auch die
allgegenwärtigen Kühe, die keinen Zentimeter weichen, man nennt sie auch die
„Transkei-Ampeln“.
Selbst
die Strände werden gerne von ihnen belagert:
Es
gibt nur wenige kleine Städte in dieser Gegend. Dort pulsiert dann aber auch
das Leben. Von weit her kommen die Leute mit Minibussen (Privatautos sind kaum
vorhanden) und versorgen sich mit notwendigen Dingen.
Vor
allem sind dies aber auch die wenigen Gelegenheiten, zusammenzukommen und den
neusten Tratsch auszutauschen.
Unser
nächstes Ziel heißt Coffee Bay, denn dort in der Nähe
gibt es eine berühmte Attraktion, das „Hole in the
Wall“. Das ist ein der Küste vorgelagerter Felsblock
mit einem Loch darin. Schon von weitem kann man den Felsblock erkennen.
Obwohl
dies das berühmteste Landschaftselement der Wild Coast
ist, fehlt jegliche Ausschilderung. Das letzte Stück muss man zu Fuß gehen, der
Pfad ist kaum zu finden. Ein cleverer Junge hat sich uns als Führer angeboten
und uns anschließend ordentlich abzockt, aber was soll’s, dann standen wir
endlich davor.
Für
die Xhosa ist dieser Ort heilig und sie nennen das
Loch „esiKhaleni“, was „der Platz des Gesangs“
bedeutet, denn häufig pfeift der Wind durch das Loch und singt sein Lied. Auch
hier waren wir, außer unserem kleinen Führer, völlig alleine. Genauso wie bei
dem nächsten Highlight, den Magwa Falls. Dieser
beeindruckende Wasserfall ist nirgends ausgeschildert und man braucht schon
sehr gute und genaue Karten, um dort hin zu gelangen. Nachdem wir uns durch
eine große Teeplantage gearbeitet haben, waren wir endlich da.
Nun
wurde es immer tropischer. Auf unserem Weg nach Port St. Johns fuhren wir am Umzimvubu River entlang, die Berghänge zu beiden Seiten
sind dicht mit tropischer Vegetation bewachsen, wenn man hier einen Film über
den Mekong drehen würde, jeder würde es glauben.
Port
St. Johns hat schon bessere Zeiten gesehen. Der Ort ist total schrottig, viele Häuser sind verfallen und nur ein paar
übrig gebliebene Alt-Hippies leben in den Ruinen des einstigen Hotels. Wir
übernachten aber wunderschön in einer gepflegten Blockhütte direkt am Fluss.
Jetzt
ist es nicht mehr weit bis Durban und man erleidet
einen gewaltigen Kulturschock, denn urplötzlich wird man aus der dritten in die
erste Welt katapultiert. Schon von weitem sieht man das neue Fußballstadion.
Erst sieht es so aus, als hätte Paris Hilton ihre Handtasche am Strand
vergessen, aber bei näherer Betrachtung wirkt es doch sehr elegant.
Normalerweise
kann man mit einer Kabinenbahn auf die Spitze des Bügels fahren, aber leider
war die Bahn kaputt. Alternativ kann man auch die Treppen steigen, aber in
Anbetracht von über 500 Stufen und der Hitze haben wir uns das verkniffen.
Das
Stadion ist nach Moses Mabhida benannt, einem
Freiheitskämpfer des ANC, welcher vom Apartheidsregime
ermordet wurde. Im Innenraum fällt auf, dass die Sitze der oberen Ränge alle verschiedene Farben haben. Das ist ein optischer Trick.
Man weiß genau, dass man das Stadion niemals mehr voll bekommt, sondern
höchstens die unteren Ränge. Die bunten Sitze sehen aber im Fernsehen wie
Zuschauer aus, das macht sich besser.
Da
wir nicht in Durban übernachten wollten, sind wir bis
zum mondänen Badeort Umhlanga Rocks weitergefahren.
Hier säumen Luxushotels die schöne Strandpromenade.
Umhlanga erfährt grade eine rasante Entwicklung. Soeben hat man das
größte Einkaufszentrum der südlichen Hemisphäre mit 400 Geschäften und 60
Restaurants eröffnet. Damit der Spaß nicht zu kurz kommt, befinden sich u.a. auch 24 Kinos, ein IMAX, ein Theater, ein 4D-Kino,
eine Kartbahn und ein Surfzentrum mit einer doppelten stehenden Welle
(einzigartig auf der Welt) in dem Komplex.
Diese
Gegensätze muss man erstmal verarbeiten, aber genau das macht ja Südafrika so
interessant.
Es
war eine sehr schöne Reise mit phantastischen Landschaften, aber auch vielen
Begegnungen mit wunderbaren herzlichen Menschen. Wer Ursprünglichkeit und
Unberührtheit abseits der Touristenströme, aber auch das glanzvolle Moderne
erleben möchte, dem sei dieser Trip empfohlen.
Dagmar und Karl-Heinz sagen „Tschüss“