Mit dem Jetta durch die Wüste
Der Ruf der Wildnis hatte uns mal wieder erreicht und
dem mussten wir natürlich folgen. Diesmal sollte es aber eine richtige Wildnis sein,
die Kalahariwüste, genauer gesagt der Kgalagadi Transfrontier Park. Der liegt im Dreiländereck Namibia,
Südafrika und Botswana, hat die Größe der Niederlande und gilt somit als eines
der größten Naturschutzgebiete der Welt. Leider liegt er nicht grade bei uns um
die Ecke, der Eingang ist 1200km von uns entfernt. Darum haben wir auch erst an
den Augrabies Wasserfällen Station gemacht. Hier
fällt der Oranje-Fluss auf 150m Breite 56m in die Tiefe.
Er gilt als der sechstgrößte Wasserfall der Welt. Das
wäre ja noch nicht so beeindruckend, aber so viel Wasser mitten in der Wüste
ist schon etwas Besonderes. Der Oranje entspringt in
den Drakensbergen und führt ganzjährig Wasser. An seinen
Ufern wird deshalb intensiv Obst- und Weinanbau betrieben. Da reibt man sich
schon verwundert die Augen, wenn man vorher viele Stunden durch unfruchtbares
Gebiet gefahren ist. Es werden vor allem Rosinen produziert, bei der
Sonneneinstrahlung bietet sich das an, 70% der Weltproduktion werden hier
hergestellt.
Noch beeindruckender als die Wasserfälle finde ich
allerdings die 18km lange und bis zu 200m tiefe Felsenschlucht, die der Fluss
hier gegraben hat:
An mehreren Aussichtspunkten hat man immer wieder
grandiose Ein- und Ausblicke:
Ansonsten ist die Landschaft hier beim Übergang von
der Karoo zur Kalahari sehr karg und felsig.
Die Tierwelt ist nicht besonders üppig, einige
Giraffen hat man wieder angesiedelt und ab und zu lugt ein Steinböckchen hinter
einem Felsen hervor.
Typische Vegetation sind hier Sukkulenten,
also wasserspeichernde Pflanzen. Ein Beispiel ist der
Köcherbaum. Die Buschmänner haben seine Äste ausgehöhlt und als Köcher für die
Pfeile benutzt, daher hat er seinen Namen. Die Rinde leuchtet vor allem bei tiefstehender Sonne wie eine Goldschicht. Hier ein schönes
Exemplar mit einem Webervogelnest in der Mitte:
Nach einer weiteren Tagesfahrt erreichen wir endlich
die Kalahari. Die Landschaft ändert sich dramatisch, die Felswüste geht in eine
Sandwüste über mit den für die Kalahari so typischen roten Sanddünen.
Ab hier gibt es nur noch holprige Sandpisten und ein
Geländewagen wäre sinnvoll. Den haben wir aber nicht, sondern nur einen VW
Jetta, also musste es damit gehen. Wir waren zwar die einzigen mit einem PKW
und wurden von den Geländewagenfahrern etwas komisch angeguckt, aber mit 1,6
bar in den Reifen, etwas Mut und Zuversicht haben wir über 1000km Wüstenpiste
ganz gut bewältigt. Etwas hinderlich war nur, dass man so tief sitzt, da die
Piste im Lauf der Zeit immer tiefer eingegraben wurde und man oftmals nicht
über den Rand schauen konnte.
Das war aber nicht der Grund dafür, dass die Ausbeute
bei der Tierbeobachtung relativ gering war. Normalerweise ist dies eine sehr
trockene Gegend und die Tiere sind auf einige wenige Wasserlöcher angewiesen.
Unglücklicherweise hatte es kurz vor unserer Ankunft sehr heftige Regenfälle
gegeben und es gab überall Wasser, so dass sich die Tiere über dieses riesige
Gebiet verteilt hatten. Ziel unserer Mission war es eigentlich, die berühmten
Kalaharilöwen zu sehen, sie sind besonders groß und haben eine dunkle Mähne.
Leider haben sie sich nicht blicken lassen. Es gibt zwar 450 Löwen in der
Kalahari, aber stelle dir vor, du verteilst 450 Holländer in ganz Kaasland (wie man die Niederlande hier nennt), die sich
außerdem im hohen Gras verstecken können, davon findest du auch keinen wieder.
Wir haben trotzdem einige Tiere gesehen, außerdem ist man ja auch hier, um
einfach die Wildnis zu genießen. Zunächst haben wir unser Quartier direkt am
Eingang bezogen. Man wohnt dort sehr komfortabel in einem Chalet, von dem aus
man auf Pirschfahrten gehen kann. Das Camp ist umzäunt, auch Angsthasen sind
hier gut aufgehoben.
Früher hieß der Park Kalahari Gemsbok
Park und so ist es auch kein Wunder, dass man diese schönen Tiere überall
antrifft. Auf Deutsch heißen sie Oryxantilopen oder
auch Spießböcke. Sie sind sehr gut an das Leben in der Wüste angepasst, sie
brauchen wenig Wasser und können ihre Körpertemperatur bis 45 Grad erhöhen.
Oftmals leben sie in großen Herden und es ergibt ein
sehr schönes Bild, wenn sie in der Abendsonne durch die Wüste ziehen.
Für Vogelliebhaber ist dieses Gebiet ein Paradies, so
entdeckten wir kurz nach Sonnenaufgang im schönsten Morgenlicht diesen Hellen
Grauflügel Singhabicht:
Immer wieder trifft man auch auf riesige
Webervogelnester, welche die Vögel gemeinsam bauen. In so einem Nest kann es
bis zu 50 Kammern geben und bis zu 300 Vögel können darin leben. Sie sind wahre
Baumeister, die Temperatur fällt niemals unter 15 Grad und steigt nicht höher
als 30 Grad. Dabei sind die Temperaturunterschiede hier extrem, bei unserem
Besuch waren es zwischen 4 und 35 Grad.
Apropos Sonnenaufgang: Der ist in der Kalahari immer
wieder ein Erlebnis, früh aufstehen lohnt sich also.
Ein richtiges Wildnisgefühl will sich allerdings in
solch einem Camp nicht einstellen, also haben wir uns auf eine 300km lange
Fahrt Richtung Norden gemacht. Alle 100 km gibt es einen Picknickplatz, da
diese nicht umzäunt sind, sollte man sich vorher vergewissern ob der Platz
nicht schon durch Löwen besetzt ist.
Nach 8 Stunden Fahrt waren wir endlich an unserem
Ziel. Hier stehen mitten in der Wildnis 4 so genannte Cabins,
einer Mischung aus Hütte und Zelt.
Die Grundmauern bestehen aus übereinander
geschichteten Sandsäcken, die Türen und Fenster sind aus Holz, das Dach und
teilweise die Seitenwände aus Leinwand. Man muss alles was man so braucht
selbst mitbringen, auch das Wasser. Blöd, wenn man was vergessen hat, denn der
nächste Supermarkt ist 600km entfernt. Stell dir vor, du wohnst in Hamburg und
musst nach Nürnberg zum Einkaufen fahren, aber nicht auf der Autobahn, sondern
auf einer Sandpiste. Da braucht man schon mal 12 Stunden. Hier können sich die
Tiere frei bewegen, darum hat man auch ein Tor vor seiner Terrasse, größere
Tiere kommen also nicht rein, man sollte aber immer auf Puffottern und Kobras
achten. Neuerdings hat man auch einen Zaun um den Grillplatz gebaut, weil die
Löwen sich immer das Fleisch stibitzt haben.
Es ist einfach herrlich hier. Von der Terrasse blickt
man in die weite Landschaft und auf ein Wasserloch, an dem aus genannten
Gründen aber nicht viel los war. Wir haben allerdings am morgen frische
Löwenspuren neben unserer Cabin gefunden, sie sind
also da…
Da es hier nur die 4 Cabins
gibt, können sich in der gesamten Region nur maximal 8 Leute aufhalten, man
kann also nicht von Massentourismus reden. So ist es auch kein Wunder, dass wir
bei unseren Fahrten niemandem begegnet sind. Das ist Wildnis! Am Abend haben
wir den herrlichen Sonnenuntergang genossen, unser Weinvorrat ist dabei
gefährlich geschrumpft.
Am nächsten Tag sind wir in die äußerste
Nordwestspitze von Südafrika gefahren. In der Landkarte ist die als Ort namens Union’s End eingezeichnet, tatsächlich steht hier nur ein
Informationsschild.
Das Auto steht in Südafrika, ich mache das Bild von
Botswana aus und hinter dem Zaun ist Namibia. Nach Botswana ist alles offen, da
der Park grenzüberschreitend ist, lediglich ein Verbotsschild verbietet die
Weiterfahrt. Obwohl hier sonst kein Mensch ist, wird man ständig beobachtet,
meistens von den allgegenwärtigen Erdmännchen oder auch von den Erdhörnchen:
Am Wegesrand grüßen auch häufig die Steinböckchen:
Ganz besonders erfreut waren wir über die Begegnung
mit einer Afrikanischen Wildkatze. Solche Sichtungen sind sehr selten und noch
nie haben wir eine in freier Wildbahn gesehen. Sie lief vor uns über die Straße
und verweilte ein wenig unter einem Baum. Dabei beobachtete sie aufmerksam
einen Schakal, der sich auf der anderen Straßenseite befand.
Nachdem der Schakal verschwunden war, kletterte sie
auf den Baum und legte sich ganz entspannt schlafen. Nun entdeckten wir auch,
warum sie so nervös war: Sie hatte ihr Junges im Baum. Aber nun war ja alles
gut.
Auf einer Düne erschienen plötzlich 3 Geparde, die
das Gelände erkundeten.
Wir nehmen an, dass es eine Mutter mit ihren zwei
fast erwachsenen Kindern war. Irgendwann liefen sie los und kamen direkt auf
uns zu.
Unmittelbar vor uns überquerten sie die Straße. Das
ging alles sehr schnell, aber man konnte erkennen, dass die Mutter ein wenig
blutverschmiert war. Wir nehmen an, dass sie grade gefrühstückt hatten, denn
nach einer Verletzung sah es nicht aus.
Sie trägt einen Sender, der vor allem dazu dient
herauszufinden welche Gebiete sie durchstreifen, damit man ihren Lebensraum
besser versteht und dadurch die Schutzmaßnahmen verbessern kann. Geparde sind
ja leider sehr selten geworden und stehen kurz vor dem Aussterben.
Und dann entdecken wir doch noch eine Löwin im hohen
Gras:
Sie tut uns den Gefallen und begleitet uns eine Weile
am Wegesrand. Es ist schon ein tolles Gefühl, solch einem Kraftpaket so nahe zu
sein.
Schnell war die Woche vorbei und wir mussten uns
langsam auf den 3-tägigen Heimweg machen. Unser Fazit fiel sehr unterschiedlich
aus, Dagmar war die Kalahari einfach zu weit weg und die Tierausbeute nicht ausreichend (in Wahrheit haben ihr wohl
die Elefanten gefehlt), ich aber war von der wirklichen Wildnis total
fasziniert. Es stimmt wohl, dass man die Kalahari entweder liebt oder hasst.
Nun ja, wir müssen wohl noch mal wieder kommen, das Gebiet ist ja so groß und
irgendwo müssen die Löwen doch sein….