Von: Karl-Heinz Wollert [info@wolli-online.de]
Gesendet: Samstag, 23. Juni 2012 11:37
Betreff: Das Leben der Buschmänner

Hallo zusammen,

wir hoffen, es geht euch allen gut. Lange haben wir uns nicht gemeldet, was einfach daran liegt, dass nichts Aufregendes passiert ist, wir haben einfach nur den Sommer genossen mit vielen Partys, Open-Air Konzerten und was man sonst noch so draußen machen kann. Inzwischen haben wir auch viele Bekannte, mit denen man öfter mal was unternimmt. Jetzt sind wir natürlich im Fußballfieber, unser Nachbar, der total sportverrückt ist, hat im Wohnzimmer zwei Fernseher übereinander, so dass wir die letzten Spiele der Vorrunde simultan sehen können. Bei jedem Tor tröten wir mit der Vuvuzela um die Wette, wozu es gestern ja besonders viele Gelegenheiten gab, andere Nachbarn haben sich schon beschwert J

 

Heute möchte ich über die Buschmänner, oder politisch korrekt San, berichten. San sind die Ureinwohner des südlichen Afrika und leben seit vielen tausend Jahren in Südafrika, Namibia und Botswana. Die Weißen sind vor ca. 400 Jahren hier angekommen, die Schwarzen sind ein paar hundert Jahre früher aus den nördlichen Gebieten eingewandert. Die San sind traditionell Nomaden, Jäger und Sammler, haben keine Besitzansprüche, sind sehr friedlich und leben in Einklang mit der Natur. Es ist ihnen immer schlecht ergangen. Erst haben die Zulus sie versklavt, dann die Weißen. Während der Apartheit wurden sie von ihren angestammten Gebieten vertrieben und ihre Sprache, die aus vielen Klicklauten besteht, verboten. Man durfte sie auch einfach abknallen, weil sie nicht als Menschen angesehen wurden. Aus dem Schädel hat man Lampen gemacht und aus der Haut den passenden Lampenschirm. Heute leben nur noch wenige San auf die traditionelle Weise in der Kalahari und so droht die Kultur, die Sprache und das vielfältige Wissen über die Natur langsam in Vergessenheit zu geraten. Aus diesem Grund hat eine Schweizer Anthropologin ein San-Kulturzentrum aufgebaut. Sie kaufte 100 km nördlich von Kapstadt eine Farm und baute sie zu einem Forschungs- und Schulzentrum aus. Hier begegnen sich San verschiedenen Alters und aus verschiedenen Stämmen, um voneinander zu lernen und ihr Wissen weiterzugeben. Ein Kurs dauert in der Regel 9 Monate und beinhaltet auch modernes Wissen, z.B. wie man nachhaltigen Tourismus betreibt. Das Projekt ist sehr erfolgreich, denn alle Absolventen haben verantwortungsvolle Posten in der Tourismus-Industrie erhalten. Die Forschung spielt natürlich auch eine große Rolle, und so lebt auf der Farm ein buntes Völkergemisch, auch viele junge Deutsche verbringen dort ein freiwilliges soziales Jahr. Der Name des Zentrums ist !Khwa ttu (das Ausrufezeichen ist ein Klicklaut), was „Wasserpfanne“ bedeutet. Weitere Informationen gibt es hier: http://www.khwattu.org/

 

Schon öfter sind wir daran vorbeigefahren, nun wollten wir einmal genauer sehen, was sich dahinter verbirgt, denn zahlende Gäste sind natürlich gerne gesehen. Trotzdem ist es keine Touristenverarsche, denn hier läuft keiner im Lendenschurz rum und tanzen und singen tun sie auch nicht, sondern man bekommt einen Einblick in ihre Geschichte und Lebensart.

 

 

Da sie Jäger und Sammler sind müssen sie auch hervorragende Spurenleser sein. So erkennen sie nicht nur, welches Tier hier vorbeigekommen ist, sondern auch, ob es langsam oder schnell gelaufen ist. Auch die Technik des Fallenstellens ist eine hohe Kunst.

 

  

 

 Da sie auf ihrer Jagd ein großes Areal abdecken, legen sie Wasserdepots aus ausgehöhlten Straußeneiern an. Ihre Kleidung war sehr spärlich und bestand meist aus einem kleinen Stück Leder.

 

  

  

Das Wissen über die Pflanzen ist enorm. Viele Heilpflanzen wurden von den San identifiziert, aber auch Giftpflanzen, wie hier der Milchbusch, dessen Saft sie für ihre Pfeile verwenden.

 

  

 

   

 

Das Leben der Buschmänner war sehr einfach. In dieser kleinen Hütte fand eine ganze Familie Platz. Der Mini-Pfeil-und-Bogen diente eher romantischen Gründen. Wenn ein Buschmann sich für eine Frau interessierte, hat er den kleinen Pfeil auf sie abgeschossen. War sie auch interessiert, hat sie den Pfeil aufgehoben und an ihr Herz gehalten. Anderenfalls hat sie den Pfeil einfach liegen gelassen. So sind Amors Pfeile eigentlich eine Erfindung der Buschmänner.

 

Trotz des einfachen Lebens haben sie sich auch etwas Luxus gegönnt und zwar in Form von Schmuck. Zerbrochene Schalen von Straußeneiern wurden zunächst in eine halbwegs runde Form geschlagen, ein Loch durchgebohrt und dann eine Kette davon gemacht. Den letzten Schliff hat die Kette danach auf einem flachen Stein mit etwas Wasser bekommen. Falls Wasser knapp war, hat man die Kette in den Mund eines Kleinkindes gelegt. Dadurch wurde sie befeuchtet und das Kind hat auch noch eine gute Portion Kalzium zu sich genommen.

 

  

   

Es waren sehr interessante Einblicke in eine Welt, die einem sonst verborgen bleibt. Ein durchaus lobens- und unterstützungswürdiges Projekt.

 

Jetzt freuen wir uns aber erstmal auf Deutschland, vom 19. Juli bis zum 7. August touren wir durchs Land und hoffen darauf, möglichst viele unserer Freunde wieder zu sehen.

 

Also bis hoffentlich bald und viele liebe Grüße vom winterlichen Kap

 

Dagmar & Karl-Heinz Wollert

 

43 Mountain Fern Crescent

Fernwood Estate

Somerset West, 7130

South Africa

+27(0)21-8522494 Landline

+27(0)713537196 Mobil