Hallo zusammen,

endlich ist die Fußball WM in vollem Gang und es wird Zeit für einen Bericht vom Ort des Geschehens. Eine Frage vorab: Was ist das Wichtigste bei einer WM auf südafrikanischem Boden? Ohrstöpsel! Es ist höllisch laut, dabei ist es im Stadion gar nicht so schlimm wie man meinen sollte, aber wenn in der Stadt plötzlich jemand hinter einem die Vuvuzela bläst und man vor Schreck einen Meter hoch springt, dann findet man es nicht mehr ganz so lustig. Wir hören die Tröten hier von morgens um 5 bis Mitternacht. Aber wir wollen uns nicht beschweren, die Begeisterung ist halt grenzenlos, alle sind euphorisch und das sei ihnen auch gegönnt. Wir fahren hier ja mit der südafrikanischen und der deutschen Flagge durch die Gegend, jeder grüßt und vor allem nach dem ersten Spiel der Deutschen gab es überall am Straßenrand den erhobenen Daumen. Taxifahrer hielten neben uns und brüllten „Germany“. Es macht richtig Spaß, zurzeit durch Kapstadt zu laufen und diese Freude mitzuerleben. Es geben sich auch Alle Mühe, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. So hat man den Leuten wochenlang eingebläut, die Besucher freundlich zu empfangen, was man hier ja ohnehin tun würde, aber jetzt will jeder noch eine Schippe drauflegen. Leider sind nicht so viele Besucher gekommen wie man erwartet hat, 450 000 sollten es sein, tatsächlich sind es weniger als 200 000, die sich zum größten Teil im Johannesburger Raum aufhalten. Deshalb sind in Kapstadt nicht mehr Touristen als sonst auch, auf die man sich dann besonders konzentriert. Wenn wir ein deutsches Wort von uns geben, kommt von allen Seiten ein „Herzliches Willkommen in Südafrika“ und alle wünschen uns eine gute Zeit. Selbst in der S-Bahn, in der Weiße eher eine Ausnahme sind, kommen die Leute vor dem Aussteigen kurz bei uns vorbei, um ihre guten Wünsche abzugeben. Manches ist anders während der WM, zum Beispiel hat man die Alkoholkontrollen rund um die Fanfeste verstärkt, aber anders als in normalen Zeiten, wo man bei mehr als 0,24 Promille inhaftiert wird und den Führerschein los ist, bekommt man ein Sandwich und einen Kaffee und kann jemanden anrufen, der einen abholt. Andererseits gibt es spezielle WM-Schnellgerichte, die Missetäter sofort verurteilen. So sind einem Journalisten aus dem Hotelzimmer Kameras geklaut worden, die Diebe sind sofort zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Aber sonst läuft hier alles ohne Probleme und die Organisation ist Weltklasse, selbst englische und deutsche Journalisten finden nicht viel zum meckern.

 

Wir wollten natürlich auch dabei sein und haben uns zwei Spiele im Stadion angeschaut, Italien gegen Paraguay am 14. Juni und England gegen Algerien am letzten Freitag. Weil Deutschland schon so früh gespielt hat, sind wir bereits am Vormittag nach Kapstadt gefahren. Das Fifa Fanfest war schon überfüllt, also sind wir in den Hyundai Fanpark gegangen, wo es eher gemütlich bei niedrigen Preisen zuging.

 

 

Zusammen mit unseren Nachbarn konnten wir uns in Ruhe auf den Abend vorbereiten.

 

 

Leider hat die lautstarke Unterstützung für Deutschland nicht viel geholfen.

 

 

Nach dem Spiel haben wir uns in das Getümmel am Hafen gestürzt, wo scheinbar alles in englischer Hand war. Die ganze Stadt war in weiße Fahnen mit dem roten Kreuz gehüllt und die Engländer feierten äußerst Lautstark wie auf einem Maskenball.

 

   

 

 

 

Den Deutschen war wohl nach der Niederlage der Spaß vergangen.

 

 

Die Algerier konnten aber auch feiern, allerdings etwas anders. Wir waren natürlich neutral.

 

 

 

Am Abend ging es nach einer Einstimmung im Zelt endlich los zum wunderschönen Green Point Stadium.

 

 

 

Natürlich zeigten auch die Südafrikaner Flagge.

 

 

Das Spiel war dann nicht so berauschend, aber die Atmosphäre war toll und es war interessant, das ganze Drum und Dran zu beobachten. Die Engländer waren trotz des schlechten Spiels gut drauf und teilweise übertönten deren Gesänge sogar die Vuvuzelas.

 

 

 

Apropos Vuvuzelas: Darüber gibt es ja große Diskussionen vor allem in Deutschland. Die einen sagen, man sollte sie verbieten, die anderen meinen, dass eine alte Tradition sei. Tatsächlich sind sie ein Marketinggag, um der südafrikanischen WM einen spezifischen Anstrich zu geben. Die Vuvuzela gibt es erst seit 10 Jahren auf dem Fußballplatz. Ursprünglich wurde sie von der Nazareth Baptisten Gemeinde auf ihren Wallfahrten benutzt. Ein Fußballfan hat sich so ein Teil mal ausgeliehen, viele fanden das geil und wollten auch so ein Ding. Ein cleverer Fabrikant hat dann die Tröten in Massen hergestellt. Das Vorbild für die Baptistengemeinde waren die Trompeten von Jericho, die bekanntermaßen die Stadtmauern einstürzen ließen.

 

 

Das funktioniert auch heute noch. Zwischen der Eröffnungsfeier und dem ersten Spiel haben sich bei uns im Ort viele Menschen versammelt, die alle kräftig ins Horn bliesen. Dann stürzte die Kirche ein. Zufall? Man weiß es nicht. Klingt unglaublich, aber wir haben es aber selber gesehen. Als Beweis habe ich den Zeitungsartikel eingescannt.

 

 

Ein weitaus harmloserer Fanartikel ist der Makarapa. Das ist ein Bauhelm, der bei den Spielen in den Townships getragen wurde, weil dort immer Bierflaschen und andere Gegenstände durch die Gegend flogen. Irgendwann hat einer den Helm bemalt, die Bemalung außer an der Vorderseite ausgeschnitten und das Ganze hochgeklappt. Heute ist daraus eine echte Kunstrichtung entstanden. Es gibt ihn jetzt sogar auf Deutsch.

 

 

Morgen spielt wieder Südafrika. Leider sieht es nicht gut aus, schade, schade, die Erwartungen waren doch so hoch. Wir drücken natürlich auch Deutschland die Daumen.

Noch ein Tipp für die Gegner der Vuvuzelas: Ertragt sie einfach, es hilft ja nichts.

 

Viele liebe Grüsse und bis zum nächsten Lagebericht

 

Dagmar & Karl-Heinz Wollert

 

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