Von: info@wolli-online.de
Gesendet: Tuesday, 19 March 2024 18:53
Betreff: Einmal Hölle und zurück
Hallo zusammen,
Wir hoffen, es
geht euch allen gut und falls nicht wünschen wir eine schnelle Genesung. Wir
dachten, es ist mal wieder Zeit, um sich aus dem fernen Afrika zu melden. Heute
möchten wir nicht wie üblich über wilde Tiere berichten, sondern über wilde
Landschaften. Fast jeder hat wohl eine Liste der Dinge, die er noch erleben
oder machen möchte, die sogenannte Bucket-List. Auch auf unserer Liste stehen
Dinge, die wir immer vor uns hergeschoben haben, was man sich in unserem Alter
aber nicht erlauben kann. Daher wurde es Zeit, einen Punkt dieser Liste
abzuarbeiten, diesmal war es ein Ausflug in ein sehr abgelegenes Tal in der
Karoo, dem Gamkaskloof, im Volksmund auch „Die Hölle“ genannt. Die Karoo ist
eine Halbwüste und ist deshalb so trocken, weil sie durch mehrere von West nach
Ost verlaufende Bergketten von den feuchten Winden vom Indischen Ozean
abgeschirmt werden. Eines dieser Bergketten sind die Swartberge, sie trennen
die Kleine Karoo von der Großen Karoo. Innerhalb der Swartberge befindet sich
auch das Tal Gamkaskloof. Die ersten Bewohner des Tals waren Buschmänner, um
1830 wanderte der erste Farmer ein, ihm folgten neun weitere Familien. Sie
betrieben dort ihre Farmen und lebten 130 Jahre in völliger Isolation. Trotzdem
hatten sie sich einen zivilisierten Lebensstil bewahrt, sie bauten eine Schule,
die gleichzeitig als Kirche diente, wobei die Gottesdienste auch von dem Lehrer
gehalten wurde. Wenn sie ihre Produkte verkaufen wollten, war es immer ein
mehrtägiges Abenteuer mit Packeseln in die nächste Ortschaft. Es schien ihnen
aber nicht schlecht zu gehen, denn ein Farmer konnte sich 1958 schon ein Auto
kaufen. Nun gab es aber keine Straße in das Tal, so dass das Auto mühselig über
die Berge geschleppt werden musste.
Aber 1962 wurde
eine Straße gebaut, das erleichterte die Kommunikation mit dem Rest der Welt,
führte aber auch zu einer Abwanderung der jungen Leute. Danach wanderten auch
die Alten ab und ab 1991 war das Tal unbewohnt. Die Naturschutzbehörde erklärte
es zum Naturschutzgebiet und wegen der Pflanzenvielfalt wurde es zum
Weltnaturerbe der UNESCO. Aber 1998 kam die Tochter eines früheren Farmers
zurück, baute die Farm Mooifontein (heute Fontainplaas) wieder auf, renovierte
die verlassenen Farmhäuser und bietet sie heute als Gästehäuser an. Diese Farm,
die fast am Ende des Tals liegt, war auch unser Ziel. Aber der Reihe nach:
Zunächst haben
wir nördlich der Swartberge in dem kleinen Ort Prinz Albert (benannt nach Prinz
Albert von Sachsen Coburg) in dem historischen Swartberg Hotel aus dem Jahr
1864 für zwei Nächte Quartier bezogen.
Von hier aus kann
man schöne Ausflüge machen, z.B. zum schönen Meiringspoort, einer Schlucht,
durch die eine Straße führt, die Prinz Albert mit Oudtshoorn verbindet.
Zwischendurch
gibt es immer wieder schöne Picknickplätze.
Die Karoo ist
sehr dünn besiedelt und durch die fehlende Lichtverschmutzung und die trockene
Luft gibt es einen fantastischen Sternenhimmel, wodurch man tolle
Sternenspuren-Bilder machen kann, was ich bei anderer Gelegenheit mal versucht
habe.
Aber unser Ziel
war ja die Hölle, welche von Prinz Albert 60 km entfernt ist. Dazu musste man
erst den Swartberg-Pass hochfahren, bis man zum Abzweig zum Gamkaskloof kommt.
Das Schild warnt
vor einer Reisezeit von 2 Stunden, was allerdings sehr sportlich ist, wir haben
3,5 Stunden gebraucht. Wenn man abgebogen war, warnte ein weiteres Schild vor
der Straße und wenn die Südafrikaner schon so ein Schild aufstellen, dann ist es
ernst gemeint.
Es ging auch erst
ganz gemütlich los und man konnte nur erahnen, dass man einen weiten Weg vor
sich hat.
Irgendwann kam
man zum Eingang des Naturschutzgebietes. Hier sah Dagmar noch ganz
unternehmungslustig aus.
Jetzt wurde die
Straße etwas ungemütlicher.
Aber die schönen
Ausblicke entschädigten für die Mühe.
Nach 37 km haben
wir gedacht, dass wir es nun bald geschafft hätten, aber nun ging es erst
richtig los, denn es ging in sehr engen Serpentinen 1000m steil nach unten. Da
es so steil war, konnte man die Straße vor sich nicht sehen und Fahrer und
Beifahrer hingen ständig aus dem Seitenfenster, um zu sehen, wie der Pfad jetzt
verläuft, denn auf der einen Seite war die Felswand und auf der anderen Seite
der Abgrund, wobei man nur wenige Zentimeter Spielraum hatte. Von diesem
Abschnitt gibt es keine Bilder, denn wir waren ausschließlich mit Überleben
beschäftigt. Völlig fertig kamen wir in der Hölle an und Oma Sannies Laden kam
uns wie eine rettende Oase vor.
Hier gab es
erstmal einen ordentlichen Kaffee, den wir dringend brauchten und Dagmar sah
auch nicht mehr so unternehmenslustig aus.
Der Laden gehört
zur Farm, wir bekamen die Schlüssel für unser Farmhaus, welches etwas weiter im
Tal lag. Hier unten war es sehr grün, da sich hier das Wasser sammelte.
Dann kam endlich
die Hütte in Sicht.
Die Hütte war
sehr sauber und komfortabel eingerichtet mit Gasgeräten und Solarlampen.
Leider konnte man
nicht ganz zum Ende des Tals fahren, da man einen Fluss überqueren musste, der
von einem Stausee gespeist wurde und man hatte die Schleusen geöffnet, damit
die Farmer unterhalb der Swartberge Wasser bekamen und deshalb war die Furt
unpassierbar.
Am nächsten
Morgen sind wir zurück zum Farmhaus, um zu frühstücken. Hier begrüßte uns die
Farmersfrau und entschuldigte sich, dass sie sich gestern nicht um uns
gekümmert hat, aber sie hatte einen Zahnarzttermin in Oudtshoorn (das ist 100km
entfernt) für ihren Sohn und musste deshalb schon um 7:30 los und war erst um
19:30 zurück. Wir unterhielten uns natürlich über den Zustand der Straße und
sie berichtete, dass viele Gäste nie ankommen, da sie vorher umgedreht sind und
die es geschafft hätten sind zitterig wegen dem Adrenalin und viele müssten
sich übergeben. Da ihr aber berichtet wurde, dass wir gestern relativ entspannt
ankamen, hat sie uns als Anerkennung diesen Aufkleber geschenkt.
Ach ja, wir
mussten ja die gleiche Strecke wieder zurück und Panik machte sich breit. Aber
jetzt war es nicht mehr so schlimm, denn nun ging es steil nach oben und so
konnte man die Straße immer sehen und mit eingeschalteter Untersetzung zog das
Auto zügig nach oben. Wir waren aber froh, wie wir wieder auf dem Swartbergpass
waren und den Blick über die Weite der Karoo schweifen lassen konnten.
Nach einer
Übernachtung in Oudtshoorn in einem historischen Gästehaus von 1853 und einem
guten Essen hatte die Heimat uns wieder.
So, das wäre
abgehakt, es hat zwar Spaß gemacht, aber nochmal muss es nicht sein. Aber es
gibt ja noch einige Punkte auf der Bucket-List und nächstes mal ist es bestimmt
wieder was mit wilden Tieren.
Alles Gute,
bleibt gesund und viele liebe Grüße aus dem wilden Südafrika
Dagmar &
Karl-Heinz Wollert
43 Mountain Fern
Crescent
Fernwood Estate
Somerset West, 7130
South Africa
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