Von: Karl-Heinz Wollert <info@wolli-online.de>
Gesendet: 22 November 2017 13:19
Betreff: Expedition im 1920 Stil
Hallo zusammen,
Wir hoffen, dass
es euch gut geht. Uns geht es jedenfalls gut, denn wir hatten mal wieder
Sehnsucht nach dem Busch. Es sollte aber nur ein kurzer Trip werden und da die
echte Wildnis wie z.B. der Krügerpark 2000km entfernt liegt, kam nur ein
privates Schutzgebiet in Frage. Wir haben uns für die Schutzgebiete Shamwari
und Amakhala entschieden, die liegen nur 800km östlich von uns in der Nähe des
Addo Elephant Nationalparks. Nun, es ist nicht die echte Wildnis, aber da
Shamwari so groß wie Berlin ist, kommt schon ein echtes Buschgefühl auf. Bisher
waren unsere Unterkünfte im Busch ja recht komfortabel und wir haben uns
gefragt, wie wohl die ersten Entdecker Afrika erlebt haben. Um das
nachzuvollziehen, ist jemand auf die Idee gekommen, ein Camp im Stil vergangener
Zeiten anzubieten, das Quartermain’s 1920. Es besteht aus nur 3 Zelten (also
maximal 6 Gästen) tief versteckt im Busch zwischen Shamwari und Amakhala.
Es ist sehr
spartanisch ausgestattet, man schläft auf Feldbetten, packt seine Sachen in
alte Transportkisten und natürlich gibt es keinen Strom.
Aber einige
Konzessionen an die Neuzeit musste man doch machen, denn versteckt hinter dem
Zelt gibt es ein Badezimmer.
Der Eimer oben
ist die Dusche, der ist aber ein Fake, denn versteckt führt eine Wasserleitung
hinein. Es gibt sogar eine Minibar, die ist in der Munitionskiste vorne rechts
versteckt. Überall sind Utensilien aus den 20ger Jahren verteilt, z.B. Safarihüte
oder Sättel wie hier im Eingang zur Boma:
Die Boma ist der
Ort, wo sich die Gäste treffen und das Essen eingenommen wird. Es gibt einfache
Buschküche, die auf dem offenen Feuer zubereitet wird.
Abends brennt
dann hier das Lagerfeuer, an dem bei Petroleumlicht Geschichten aus der Wildnis
erzählt werden.
Es ist alles sehr
urig, aber auch sehr persönlich, hier wächst man sehr schnell zusammen. Ich
muss aber zugeben, dass es auch finanziell interessant war, denn eine Lodge in
Shamwari kostet bereits 800€ pro Person und Nacht und wir haben nur 150€
gezahlt, was auch nicht wenig ist, aber wenn man bedenkt, dass alles inklusive ist
und man beide Schutzgebiete besuchen kann, ist es ein echtes Schnäppchen.
Leider hatten wir am Anfang etwas Pech mit dem Wetter, es war ungewöhnlich kalt
und hat geregnet. Das ist besonders im offenen Fahrzeug sehr unangenehm. Auch
die Tiere hatten sich verkrochen und haben sich nicht sehen lassen. Wir hatten
aber trotzdem gute Laune, denn wir waren eine nette Truppe. Ganz im Gegensatz
zu den 800€-pro-Nacht-bezahlt-und-nichts-gesehen-Gästen, die uns völlig
übelgelaunt entgegenkamen. Später wurde das Wetter auch besser und wir
entdecken einen Geparden, der auf der Jagd war.
Er hatte es auf
ein Impala abgesehen, aber die Wasserböcke hatten ihn schon entdeckt und die
Impalas gewarnt, so blieb er leider erfolglos.
Es gibt hier
viele Nashörner, die genaue Anzahl ist geheim, denn Wilderer haben es auf ihr
Horn abgesehen. Aber sie werden durch bewaffnete Patrouillen gut geschützt und
deshalb gab es seit 5 Jahren keinen Vorfall.
Am nächsten
Morgen kommen wir bei einer Löwenfamilie vorbei. Die Eltern beobachten den
Nachwuchs, wie er ausgelassen miteinander spielt.
Irgendwann kommt
ein Warzenschwein vorbei. Das hätte es besser nicht gemacht, denn es erregt die
Aufmerksamkeit der Löwen.
Sie beschließen,
dass das ein guter Snack für zwischendurch ist und jagen das Warzenschwein. Der
Chef hat das Geschehen gut im Auge und scheint die Jagd zu dirigieren.
Das arme Schwein
versucht, in die Büsche zu fliehen.
Dort wird er aber
von den Löwen eingekreist und hat keine Chance. Den Kill konnten wir nicht
sehen, aber der Todesschrei des Schweins geht uns durch Mark und Bein und wir
werden in so schnell nicht vergessen.
Die Vielfalt der
Tiere ist schon erstaunlich. So treffen wir plötzlich auf eine große Herde
Giraffen.
Nach drei Nächten
müssen wir leider weiterziehen und da der Addo Elephant Nationalpark ganz in
der Nähe ist, verbringen wir dort noch zwei Nächte. Die ganze Gegend hatte
unter der Trockenheit gelitten und so gab es Wasser nur an den Wasserlöchern,
so dass dort immer großes Gedränge herrschte.
So viele
Elefanten haben wir dort noch nie gesehen und auch die Anzahl des Nachwuchses
war erstaunlich.
Es ist immer
lustig, die Kleinen zu beobachten. Sie wissen noch nicht so richtig was mit
ihrem Rüssel anzufangen und manchmal sind sie auch übermütig und jagen kleine
Tiere, wie hier die Vögel.
Die Teenager
haben viel Spaß im Schlammbad.
Aber oftmals ist
es nicht so einfach, dort wieder herauszukommen. Dann ist die Hilfe der großen
Schwester sehr willkommen.
Bald ging es
wieder auf die Rückfahrt. Aber nicht auf direktem Weg, sondern durch den
Baviaanskloof, das ist eine gebirgige Wildnis in der Kleinen Karoo und darf nur
mit geländegängigen Fahrzeugen befahren werden. Hierbei müssen 6 Pässe und 21
Fluss Durchquerungen bezwungen werden, wobei die meisten allerdings trocken
sind.
Der
anspruchsvollste der Pässe ist Combrink’s Mountain Pass mit einer Steigung von
1:6 und nur zwei felsigen Spuren, natürlich ohne Randbefestigung. Da ist bei
der Abfahrt die Downhill Assist Funktion des Fahrzeugs, bei der der Wagen von
alleine den Berg herunterkriecht, sehr hilfreich.
Das Kernstück
dieses Gebietes ist 120km lang und man hatte mir gesagt, dass man dafür
mindestens 6 Stunden braucht. Ich war dann selbst erstaunt, dass wir es in 5
Stunden geschafft haben. Am Ende der Schlucht haben wir wildromantisch in einer
Hütte auf einer Farm übernachtet.
Die Fahrt hat
großen Spaß gemacht und ich bin schon auf der Suche nach weiteren wilden
Pässen. Auf der Rückfahrt wurden wir leider wieder vom schlechten Wetter
erwischt. In der Karoo ist es normalerweise immer sehr heiß und trocken, aber
es hat geregnet und es war schweinekalt, so dass sich Dagmar in Oudtshoorn eine
Jeans kaufen musste, da ihre einzige lange Hose im Buschcamp total verdreckt
wurde. Wir haben daher noch eine Nacht in Montagu verbracht, um uns in den
heißen Quellen aufzuwärmen.
Ja, das war unser
Kurztrip. Es waren nur 10 Tage, kam uns aber viel länger vor, da man ja so viel
erlebt hatte.
Dann bis zum
nächsten Mal, bleibt gesund und viele liebe Grüße vom trockenen aber viel zu
kalten (es will einfach nicht richtig Sommer werden) Kap.
Dagmar & Karl-Heinz Wollert
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