Von: Karl-Heinz Wollert <info@wolli-online.de>
Gesendet: 01 January 2018 09:49
Betreff: Frohes Neues Jahr und ein Bericht ueber die Wasserkrise
Hallo
zusammen,
Wir wünschen
euch ein Frohes Neues Jahr, dass ihr gesund bleibt oder werdet und dass alle
eure Wünsche in Erfüllung gehen.
Wir schauen
positiv ins neue Jahr und einige Reisen sind schon geplant. Etwas Sorgen macht
uns die schlimmste Dürre seit über 100 Jahren hier im Western Cape. Man ist ja
ausschließlich auf Wasser aus Stauseen angewiesen und da der Winterregen in den
letzten 2 Jahren so gut wie ausgeblieben ist, sind die Stauseen fast leer. Sie
sollten um diese Zeit fast 100% voll sein, tatsächlich sind es zur Zeit 32%,
wobei der größte der Stauseen, der Theewaterskloof, welcher für die Hälfte der
Wasserversorgung verantwortlich ist, nur zu 19% gefüllt ist. Wenn man bedenkt,
dass die letzten 10% nicht nutzbar sind, weil dann zu viele Sedimente darin
schweben, kann die Situation schnell kritisch werden. Gestern sah der See so
aus:
Der Wasserentnahmeturm
steht nur noch in einer Pfütze.
Wo früher
überall Wasser war, ist heute eine Sandwüste.
Man konnte die
Krise kommen sehen, denn seit Jahren haben wir schon Niederschläge unter dem
Durchschnitt. Aber leider reagiert man hier erst, wenn das Kind in den Brunnen
gefallen ist. Nun ist der Brunnen trocken und das Kind ist hart aufgeschlagen.
Jetzt denkt man darüber nach, Brunnen zu bohren, den Tafelberg anzuzapfen,
Grauwasser zu recyceln und Meerwasserentsalzungsanlagen zu bauen. Das dauert
natürlich und ein weiteres Problem ist, dass kein Geld da ist. Denn man hat an
die Leute appelliert, Wasser zu sparen und da die Kapstädter vernünftige Leute
sind, haben sie den Appell beherzigt. So ist der tägliche Wasserverbrauch von
1,1 Milliarden Litern täglich auf 600 Millionen zurückgegangen. Dadurch sind
aber auch die Einnahmen vom Wassergeld zurückgegangen und nun will man ab
Februar eine Wassersteuer erheben. Die beträgt 10% von der Grundsteuer und soll
auf 3 Jahre begrenzt sein. Aber was mit begrenzten Steuern passiert, wissen wir
ja vom Soli…
Die Stadt hat
ja schon länger Wassereinschränkungen verordnet. Das geschah stufenweise,
bislang waren wir auf Stufe 5, das bedeutet, dass pro Haushalt höchstens 20
Kubikmeter Wasser im Monat verbraucht werden durfte, der Garten nicht
gewässert, es sei denn, man hat ein Bohrloch, Pools durften nicht aufgefüllt
und mussten abgedeckt werden und natürlich durften keine Autos gewaschen
werden, was hier ein sehr ungewöhnlicher Anblick ist. Das wurde mit
Hubschraubern kontrolliert und wer einen grünen Rasen hatte, bei dem wurde
genauer hingeschaut. Seit heute sind wir auf Stufe 6, nun dürfen nur noch 10
Kubikmeter Wasser verbraucht werden, wobei pro Person nicht mehr als 87 Liter
pro Tag verbraucht werden sollten. Wer sich nicht daran hält, bekommt ein Gerät
installiert, welches beim erreichten Limit das Wasser abschaltet. Außerdem gibt
es eine deftige Strafe. Nun darf auch kein Wasser aus einem Bohrloch mehr zur
Bewässerung benutzt werden, um den Grundwasserspiegel nicht weiter abzusenken.
Die nächste Stufe tritt in Kraft, wenn die Stauseen nur noch zu 17% gefüllt
sind. Dann wird das Wasser komplett abgedreht und es werden 200 Zapfstellen
eingerichtet, an denen sich jeder 25 Liter am Tag abholen kann. Das wäre dann
Day Zero, der nach heutiger Berechnung am 29. April eintritt.
Wir hoffen,
dass dieser Tag nie eintritt. Dazu muss aber jeder seinen Beitrag leisten. Wir
haben wassersparende Duschköpfe installiert, Backsteine in die Spülkästen
gelegt und uns einen Regenwassertank zugelegt. Den haben wir schon etwas
länger, darum ist dort auch noch Wasser drin, so können wir wenigstens die
Blumen gießen. Der Rasen ist schon lange vertrocknet. Es gibt natürlich einige
Leute, denen alles wurscht ist, vor allem den Touristen. Darum hat man in den
Hotels die Stopfen von den Badewannen entfernt, damit die Leute nicht mehr
baden können, sondern Duschen müssen. Eine Dusche sollte aber nicht länger als
2 Minuten dauern, darum gibt es in den Supermärkten wasserdichte
Kurzzeitwecker, die nach 2 Minuten einen schrillen Ton abgeben. Südafrikanische
Künstler haben 2-Minuten Duschsongs geschrieben, die man kostenlos
herunterladen kann. Ist der Song zu ende, muss auch das Duschen fertig sein.
Aber die meisten Menschen nehmen die Krise sehr ernst. Das haben wir kürzlich
in einer Veranstaltung gesehen, in der ein Hydrologe über die Wasserkrise
berichtete, wie es dazu kam, was jeder einzelne tun kann, was die Stadt
unternimmt oder wenigstens vor hat und wie man Day Zero vermeiden kann. Das
Interesse war riesengroß, es waren allerdings fast nur Weiße im Saal. Das hat
wohl eine ältere Dame zu der Anmerkung veranlasst, dass wir das ja alles
wüssten und alles tun würden, aber was wäre denn mit den Schwarzen, die würden
sich doch keine Gedanken machen und würden einfach den Wasserhahn laufen
lassen. Die müsste man auch mal aufklären, denn sie wüssten ja nicht, wo das
Wasser herkommt und denken, es kommt einfach so aus dem Wasserhahn. Die Antwort
darauf war erstaunlich. In den Townships (das sind die Wohnsiedlungen der
Schwarzen) zusammengenommen leben 1,5 Millionen Menschen, das ist ein Drittel
der Gesamtbevölkerung Kapstadts. Dieses Drittel verbraucht lediglich 4,7% des
Wassers. Die sind also nicht das Problem, sondern eher die Weißen mit ihrer
Komfort-Lebensweise. Da war die alte Dame baff. Manchmal muss man auch mal
seine Vorurteile über Bord werfen.
Andere Teile
des Landes sind nicht so stark betroffen, denn dort gibt es jetzt den
Sommerregen. Es regnet da so stark, dass der Limpopo schon überflutet ist und
ein Grenzübergang nach Botswana geschlossen werden musste. Das nützt uns hier
allerdings nichts. Aber eine Fluggesellschaft hatte eine Idee. Wer von
Johannesburg nach Kapstadt fliegt, bekommt kostenlos sein Gepäck-Gewichtslimit
mit Wasser aufgefüllt, das heißt, wenn jemand 20kg Gepäck mitnehmen darf aber
nur 15kg hat, bekommt er 5kg Wasser, um es mit nach Kapstadt zu nehmen. Das
hilft zwar nicht wirklich, ist aber eine nette Geste.
Gestern haben
wir gedacht, es wäre unser Glückstag, denn dicke schwarze Wolken zogen auf.
Aber leider konnte der Regen sich nicht von der Wolke trennen. Heute Nacht
allerdings konnte sie die Tropfen nicht bei sich behalten und ließ einige auf
die Erde fallen. Das hat zwar den Stauseen nicht geholfen, aber unseren
Wassertank hat es ein wenig aufgefüllt und wir können wieder die Blumen gießen.
So, das war das
Neuste von der Wasserkrise, wir werden weiter berichten und schicken zunächst
viele liebe Grüße vom trocknen Kap der Guten Hoffnung
Dagmar & Karl-Heinz Wollert
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South Africa
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