Von: Karl-Heinz Wollert [info@wolli-online.de]
Gesendet: Samstag, 28. August 2010 14:35
Betreff: Fruehlingsboten und die Geschichte vom Fuehrerschein

Hallo zusammen,

 

wir grüßen euch aus dem afrikanischen Winter. Bei uns ist ja immer noch Regenzeit, es gibt aber bereits die ersten Frühlingsboten, an der sonst so kargen Westküste blühen schon einige Wildblumen.

 

 

 

  

  

Aber eigentlich möchte ich euch die Geschichte von unserem südafrikanischen Führerschein erzählen. Wir haben diese ja schon bei einigen Leuten in Deutschland zum Besten gegeben, aber manche haben mich ermuntert, sie aufzuschreiben, darum möchte ich sie niemandem vorenthalten. Nehmt euch ein wenig Zeit, es ist eine lange Geschichte.

 

Da wir jetzt die Daueraufenthaltsgenehmigung und in Deutschland keinen festen Wohnsitz mehr haben, ist unser deutscher Führerschein ungültig geworden, wir brauchten also einen südafrikanischen. Natürlich hatten wir keine Ahnung, was zu tun ist und sind daher einfach zur nächsten Führerscheinstelle gegangen. Ich erklärte der Dame am Empfang unser Anliegen, worauf sie antwortete: „Das macht der Chef!“ Wir also zum Chef, der stellte sich als Robin vor und fragte: „Wo ist denn das Schreiben vom Konsulat?“ Ich daraufhin: „Hä, was für ein Schreiben? Ich habe keine Ahnung, was wir brauchen und was zu tun ist.“ Robin antwortete: „OK, ich schreibe euch genau auf, wo ihr hin müsst und was ihr braucht.“ Er schnappte sich einen Block und einen Kugelschreiber und wollte anfangen zu schreiben, stellte aber fest, dass der Kugelschreiber nicht funktionierte. Wütend warf er diesen Ecke und fluchte: „Das ist alles ein Mist hier, ich suche ja immer noch jemanden, der mir mal einen Parker-Kugelschreiber sponsert.“ Ich hatte aufmerksam zugehört und die Nachricht verstanden. Er fand dann doch noch einen intakten Schreiber und notierte, dass wir zunächst zum deutschen Konsulat müssten, um eine Übersetzung des deutschen Führerscheins und eine Erklärung, dass dieser Führerschein noch gültig ist, besorgen müssten. Danach müssten wir zum Department of Transportation, die diese Papiere überprüfen und ein Schreiben für die Führerscheinstelle erstellen, dass ein südafrikanischer Führerschein auszustellen ist. Damit sollten wir wieder zu ihm zurückkommen und er würde uns dann einen schönen Führerschein machen. Wir also nach Kapstadt zum deutschen Konsulat, zum Department of Transportation und in ein Schreibwarengeschäft, um einen Parker-Kugelschreiber (schön golden für 11€) zu erstehen. Dann wieder zurück zu Robin. Ich erklärte ihm, dass wir jetzt alle Papiere zusammen hätten und die entsprechenden Formulare ausgefüllt werden könnten. Und bevor es irgendwelche Schreibprobleme gebe, hätte ich hier ein geeignetes Werkzeug mitgebracht und überreichte ihm den Parker-Kugelschreiber. Robin griff freudig erregt zu, ließ den Schreiber sogleich in der Schublade verschwinden und strahlte: „Ich mache euch einen schönen Führerschein.“ Er schaute sich nun unsere deutsche Fahrerlaubnis an und bemerkte: „Ihr habt ja auch den Motorrad-Führerschein.“ Ich entgegnete: „Ja, aber nur für ein ganz kleines, ein langsames Mofa.“ „Ach“, stöhnte Robin „das ist doch langweilig. Ihr müsst Harley Davidson fahren, das ist geil. Ich mache euch einen schönen Führerschein.“ Nun dürfen wir auch ein großes Motorrad fahren. Beim PKW war alles wie in Deutschland. Dann fiel Robin auf, dass wir ja auch LKW fahren dürften. „Nun“, meinte ich „aber nur einen kleinen, bis 7,5 Tonnen.“ „Ach“, ächzte Robin „der ist doch viel zu klein. Stelle dir vor, du ziehst um. Da passt doch gar nicht alles auf einmal rein und du musst mehrmals fahren. Ich mache euch einen schönen Führerschein.“ Nun dürfen wir auch LKW mit 16 Tonnen fahren. Nachdem der Papierkram erledigt war, fragte ich Robin, wie es denn jetzt weitergeht, ob wir einen Fahrtest machen müssten oder so. Robin erklärte, dass dies seine Entscheidung wäre, aber da wir Deutsche sind, die ja bekanntermaßen eine gute Ausbildung haben und daher fahren können, könnten wir uns einen Fahrtest sparen, aber ein Sehtest müsste sein und den würde er selbst durchführen. Er führte uns in einen Nebenraum mit dem Sehtestgerät und schickte den zuständigen Kollegen in die Pause. Beim Sehtest schaute man auf ein Viereck, welches vier weitere Vierecke enthielt, wobei eines immer dunkler war als die anderen. Diese Vierecke wurden immer kleiner und man musste sagen, wo sich das dunkle Viereck befand. Das klappte bei mir auch einigermaßen. Dann kam Dagmar an die Reihe, sie hatte aber sämtliche Brillen vergessen und war daher blind wie ein Maulwurf. Robin erkannte schnell, dass es so nichts wird, holte einen laminierten DIN A4 Ausdruck dieses Vierecks hervor, legte es direkt vor Dagmar auf den Tisch und tippte mit den Worten „Look, Dagmar, look“ auf das richtige Viereck. Jedes mal wenn Dagmar die richtige Position nannte, rief er freudig aus: „Good, Dagmar, good.“ So ging das bis zum allerkleinsten Viereck. Dann bekamen wir unsere schönen Führerscheine. Beim Abschied merkte Robin noch an, dass er gerne mal zum Grillen eingeladen werden würde, dafür hat er uns seine Handynummer gegeben mit dem Hinweis, wir könnten ihn Tag und Nacht erreichen und falls wir mal in eine Kontrolle geraten und hätten dem guten Kapwein zu sehr zugesprochen, so würde er das regeln. Natürlich haben wir ihm versprochen, ihn zum Grillen einzuladen, es ist doch wichtig, dass man Freunde hat, vor allem weil die Führerscheine hier nach 5 Jahren erneuert werden müssen.

 

Da wir kurze Zeit später nach Deutschland wollten, brauchten wir auch noch einen internationalen Führerschein. Der wird hier vom Automobilclub ausgestellt. Wir also dort hin, das Mädel hat sich unsere Führerscheine aber nicht besonders genau angesehen, sondern einfach in jedes freie Feld des internationalen Scheins einen Stempel geknallt. Nun dürfen wir auch noch Bus fahren.

 

Ich hatte mir schon überlegt, dass eine Pilotenlizenz ganz witzig wäre, aber da wird man wohl mindestens einen Montblanc sponsern müssen…

 

Viele liebe Grüsse aus dem etwas anders bürokratischen Afrika

 

Dagmar & Karl-Heinz Wollert

 

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