Von: Karl-Heinz Wollert <info@wolli-online.de>
Gesendet: 01 February 2018 11:42
Betreff: Gruesse aus Mykonos
Hallo zusammen,
Heute senden wir
euch Grüße aus Mykonos. Nein, nicht aus dem Mykonos in Griechenland, sondern
aus dem Fake-Mykonos an unserer Westküste. Dort hat man ein griechisches Dorf
mit Ferienwohnungen und allem sonst was zu einem Dorf gehört gebaut. Wir
wollten mal ein paar Tage raus und uns wie in Griechenland fühlen. Da es nur
170km von uns entfernt ist, haben wir uns auf den Weg gemacht und waren
angenehm überrascht.
Die weißen
Fassaden und bunte Fenster lassen tatsächlich das Gefühl eines griechischen
Dorfes aufkommen. Zwischen den Gebäuden geht man durch enge Gassen.
Unsere Wohnung
lag direkt über dem Supermarkt.
Die ganze Anlage
ist sehr gepflegt, auch wenn alles sehr vertrocknet war.
Natürlich gehört
auch ein Hafen und eine ganze Reihe von Restaurants dazu.
Es ist wirklich
sehr schön hier mit einem großen Angebot an Aktivitäten. Natürlich gibt es
mehrere Pools, Sportstätten und auch ein Kasino, daher ist das Dorf vor allem
bei südafrikanischen Urlaubern sehr beliebt.
Auch die
Westküste hat unter der Trockenheit zu leiden. Es ist so trocken, dass es noch
nicht mal Insekten gibt. Infolgedessen sind auch die Vögel abgewandert und es
ist total still. Auf der Fahrt nachhause ist nicht ein Insekt auf der
Windschutzscheibe kleben geblieben. Die Wasserknappheit nimmt langsam
dramatische Folgen an. Es gibt jetzt noch strengere Wassereinschränkungen, seit
heute sind wir auf Stufe 6b, dass bedeutet, dass pro Haushalt nur noch 6
Kubikmeter Wasser verbraucht werden darf, wobei es pro Person nicht mehr als 50
Liter am Tag sein sollen. Da die geplante Wassersteuer wegen erheblicher
Proteste nicht durchsetzbar war, hat sich der Wasserpreis ab heute
versechsfacht. Das ist natürlich ein plausibler Anreiz, noch mehr zu sparen.
Wir haben jetzt in der Dusche einen Eimer zum Auffangen des kalten Wassers und
haben einen 2-Minuten Timer installiert (ich schaffe das Duschen aber schon in
90 Sekunden). In die Waschbecken haben wir Plastikwannen gestellt, um das
Wasser mehrfach zu verwenden. Beim kleinen Geschäft ziehen wir nicht die
Spülung, sondern sprühen ein Mittel zur Neutralisierung darauf. Dieses Mittel
ist aber schon in der ganzen Stadt ausverkauft. Trinkwasser kaufen wir in einem
Laden, der gefiltertes Leitungswasser anbietet. Da aber die Stadtwerke den
Wasserdruck gesenkt haben, läuft das Wasser nicht mehr schnell genug durch die
Filter und der Tank ist nach einer Stunde leer. Dann wird der Laden für 3
Stunden zugemacht. Gestern sind wir zweimal vergeblich zum Laden gegangen und
dann habe ich eine Stunde angestanden, um unsere Wasserflaschen zu füllen. Es
gibt auch schon Einschränkungen, so dürfen pro Kunde nur 5 Flaschen gefüllt
werden. Und das ist alles nur ein Vorgeschmack auf Day Zero, wenn das Wasser
abgestellt wird und sich jeder 25 Liter am Tag an Zapfstellen holen kann.
Gestern waren wir in einem Laden für Plastikwaren, um 2 25-Liter Kanister zu
kaufen. Dort war die Hölle los, die Kanister wurden direkt vom LKW verkauft,
die Kanister wurden den Leuten aus den Händen gerissen. Dann hatten wir die
Idee, eine Campingdusche zu kaufen und waren in zwei Campingläden. Dort hat man
uns ausgelacht, denn Campingduschen sind schon seit Monaten ausverkauft. In
einem Laden hat man uns wenigstens auf die Warteliste gesetzt. Wir haben jetzt
schon ein wenig Panik vor Day Zero, denn das wird ein Chaos an den Zapfstellen
geben, denn 200 Stellen für 4,5 Millionen sind nicht viel. Daher wird dort auch
das Militär eingesetzt, um Ordnung zu halten. Darum hatten wir zunächst einen
Plan B. Wenn wir kein Wasser mehr haben, wollten wir uns eine Ferienwohnung in
der Nähe von Durban nehmen, denn die haben jetzt den Sommerregen. Den Plan
haben wir aber fallengelassen, weil unser Estate-Management angeboten hat, dass
wir uns Wasser aus den Bohrlöchern, die normalerweise zur Gartenbewässerung
benutzt werden, holen können. Außerdem weiß man nicht, wie lange kein Wasser da
ist und wer ist schon gerne so lange von zuhause weg, wo man all die gewohnten
Dinge hat. Der Ostfriese würde sagen „To Huus is to Huus, und wennt in drög
Huus is“. Noch nehmen die Leute die Situation mit Humor. So kursiert in
den sozialen Medien folgender Beitrag: „An die Einwohner von Kapstadt: Ich habe
die Polizei wissen lassen, dass wir jeden Montag und Freitag einen
Protestmarsch zum Parlament machen werden. Im Gegenzug haben sie versprochen,
dass sie Wasserkanonen einsetzen werden, um die Versammlung aufzulösen. Bringt
eigene Seife, Shampoo und Handtücher. Nur für Einwohner Kapstadts!“
Nun, mal sehen,
was wird.
Die
Landwirtschaft ist auch hart betroffen. Die Farmer mussten ihren
Wasserverbrauch um 60% reduzieren und vieles vertrocknet. Darüber gab es heute
Morgen einen Beitrag im ZDF Morgenmagazin https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-morgenmagazin/jahrhundert-duerre-in-kapstadt-100.html
schaut mal rein.
So, das war das
Neuste von der Front. Ach ja, seit meinem letzten Bericht hat es leider nicht
geregnet und es ist auch nichts in Sicht.
Also bis
demnächst und viele Grüße vom trockenen Kap der Guten Hoffnung
Dagmar & Karl-Heinz Wollert
43 Mountain Fern Crescent
Fernwood Estate
Somerset West,
7130
South Africa
+27(0)21-8522494
Landline
+27(0)713537196
Mobil