Von: Karl-Heinz Wollert <info@wolli-online.de>
Gesendet: 23 March 2019 13:48
Betreff: Nach der Wasser- jetzt die Stromkrise
Hallo zusammen,
Heute mal wieder
eine kuriose Geschichte aus Südafrika. Nachdem wir die Wasserkrise so gut wie
überstanden haben (es gibt immer noch Einschränkungen, aber damit kann man
leben) gibt es jetzt eine Stromkrise. Es ist nicht mehr genug Strom für alle da
und darum gibt es jetzt das sogenannte Load Shedding, das heißt, damit das
ganze System nicht völlig zusammenbricht, wird in bestimmten Bereichen der
Strom für eine Weile abgeschaltet. Damit es einen nicht völlig unvorbereitet
trifft, gibt es eine App, in der man sehen kann, wann der Strom in dem Bereich,
wo man sich grade befindet, abgeschaltet wird. Für uns bedeutet das, dass wir
3x am Tag für 2,5 Stunden keinen Strom haben, aber zu unterschiedlichen Zeiten
(dafür gibt es ja die App). Man merkt dann mal wieder, wie sehr man von Strom
abhängig ist. Das ist besonders abends sehr lästig, aber man muss halt das
Beste daraus machen. Wir haben alte in Vergessenheit geratene
Gesellschaftsspiele wieder herausgekramt, das ist auch ganz nett.
Aber wie konnte
es zu dieser Krise kommen? Die Stromversorgung war auf so knapper Kante genäht,
dass es grade so reichte. Nun war aber eine wichtige Stromquelle ausgefallen
und zwar das Wasserkraftwerk im Cohara Bassa Staudamm in Mosambik, weil über
Mosambik der Zyklon Idai hinweggefegt ist und viel von der Infrastruktur
zerstört hat. Darüber können wir uns ja nicht beschweren, denn das war eine
schlimme Naturkatastrophe, die vielen Menschen das Leben gekostet und
hunderttausende obdachlos gemacht hat. Nun steht nur noch die Hälfte der
Gesamtkapazität zur Verfügung.
Aber warum war
der Strom vorher schon so knapp? Um das zu verstehen, muss man etwas ausholen.
Als nach Ende der Apartheit 1994 die neue Regierung das Land übernahm, hat sie
das Licht eingeschaltet und gesehen, dass Strom da war. Gut, hat man sich
gesagt, da brauchen wir schon mal nichts zu machen. Man hat dann auch nichts
gemacht, d.h. man hat keine neuen Kraftwerke gebaut und die alten nicht
gewartet, denn warum soll man etwas reparieren, was gar nicht kaputt ist. Das ging
auch während der Regierungszeit von Nelson Mandela ganz gut. Aber irgendwann
wechselte die Regierung, die Kraftwerke kamen in die Jahre und zur
Schlampigkeit kam jetzt auch noch Korruption ins Spiel. Die Turbinen flogen
ihnen um die Ohren und man baute auf die schnelle ein paar Dieselkraftwerke,
die nur stundenweise laufen sollten, um Stromspitzen abzufangen. Diese mussten
nun aber ständig laufen, was sehr hohe Kosten verursachte und irgendwann gab es
kein Diesel mehr. Ganz schlimm wurde es unter der Regierung von Präsident Jacob
Zuma, der alle Ministerposten vorzugsweise mit Familienmitgliedern besetzte,
die nicht unbedingt die hellsten Köpfe waren. Das hat eine indische Familie,
die Guptas, erkannt. Sie kamen nach Südafrika, gründeten eine Reihe von Firmen,
stellten Familienmitglieder von Zuma als Vorstände ein und sicherten sich damit
Regierungsaufträge. Sie hatten bald soviel Einfluss, dass sie die Minister
bestimmt haben und auch die Vorstände von Staatsbetrieben, natürlich nur die,
die besonders korrupt waren. Ihr größter Coup war aber ein Deal mit dem
staatlichen Energieversorger Eskom, in dem natürlich auch von ihnen geschmierte
Vorstände saßen. Sie haben einen exklusiven Kohleliefervertrag über 20 Jahre
ausgehandelt, aber weil sie kein Kohlebergwerk hatten, musste die Kohle für 20
Jahre im Voraus gezahlt werden. Mit dem Geld haben sie dann ein Bergwerk
gekauft, haben aber die meiste Kohle exportiert und Eskom nur minderwertige,
verschmutzte und nasse Kohle geliefert, was dazu führte, dass die Boiler verstopften
und die Kraftwerke ausfielen. Eskom hatte aber kein Geld mehr, so dass sie auch
keine Kohle woanders einkaufen konnten. Die Guptas haben mit der exportierten
Kohle soviel Geld verdient, dass sie andere Bergwerke kauften, die sie aber
nicht betrieben, sondern sofort schlossen, weil sie auf etwas anderes scharf
waren, den Rehabilitätsfont. Denn es waren alles Bergwerke im Tagebau und die
sind verpflichtet, einen solchen Font anzulegen, um nach Schließung des
Bergwerks die Gegend wieder zu renaturieren. Das ist in Deutschland ja auch so.
Dieses Geld ist heilig und für keinen anderen Zweck zu benutzen. Die Guptas
wollten es aber über ein kompliziertes Firmengeflecht nach Indien schaffen.
Aber die Banken, die zum Glück von der Regierung unabhängig sind, haben den
Braten gerochen, die Konten der Guptas gesperrt und alle Geschäftsbeziehungen
abgebrochen. Die Guptas haben dann noch versucht, eine eigene Bank zu gründen,
was aber nicht geklappt hat und sind dann nach Dubai abgehauen. Sie haben einen
großen Scherbenhaufen hinterlassen, der jetzt langsam von der neuen Regierung
aufgearbeitet werden muss. Und diese unverschämte Korruption ist der
eigentliche Grund, warum wir heute mit so wenig Strom dastehen. Die Regierung
verspricht jetzt viel, weil im Mai Wahlen sind und bis dahin soll es zumindest
einen Aktionsplan geben, wir sind schon sehr gespannt.
Aber wir müssen
halt das Beste daraus machen, darum gehen wir nächste Woche in den Busch, da
ist uns der Strom egal und ich möchte mein neues Spielzeug, eine Türhalterung
für die Kamera, ausprobieren.
Jetzt muss ich
aber fertig werden, denn gleich gibt es keinen Strom mehr.
Bis demnächst,
bleibt gesund und viele liebe Grüße vom dunklen Kap
Dagmar & Karl-Heinz Wollert
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