Von: Karl-Heinz Wollert [info@wolli-online.de]
Gesendet: Montag, 24. Oktober 2011 17:51
Betreff: Oktoberfest in Afrika

Hallo zusammen,

mal wieder ein Gruß vom schönsten Ende der Welt. Wir haben hier grade Frühling und die wunderschönen Proteas stehen in voller Blüte. Trotzdem denken wir natürlich öfter an Deutschland zurück, grade jetzt im Oktober, wo es doch in München die größte Party der Welt, das einmalige Oktoberfest gibt.

 

Einmalig? Nein, denn jetzt gab es auch ein Oktoberfest bei uns in Somerset West und das kam so: Während einer tollen Party in unserem Bowlsclub meinte jemand zu fortgeschrittener Stunde, dass man so was doch öfter machen sollte und da würde sich in diesem Monat doch ein Oktoberfest mit deutschem Bier, deutschem Essen und „Oumpah-Musik“ anbieten und da wir Deutsche wären, müssten wir doch wissen, wie das geht. Dagmar mit besoffenem Kopf sagte spontan: „Klar, das mache ich“, in der Hoffnung, dass am nächsten Tag alles vergessen wäre. Dann erfuhren wir jedoch einige Tage später, dass bei einer Mitgliederversammlung, bei der wir nicht anwesend waren, offiziell verkündet wurde, dass Dagmar ein Oktoberfest veranstalten würde. Aus der Nummer kamen wir also nicht mehr raus und wir zerbrachen uns den Kopf, wie wir das gebacken kriegen sollen, im wahrsten Sinn des Wortes. Wo sollten wir bloß die ganzen Utensilien herbekommen? Aber Hilfe war schon auf dem Weg. Freunde in Deutschland haben jede Menge Dekorationsmaterial besorgt und ein Vermögen an Porto bezahlt. Bei einem deutschen Importeur für Gewürzgurken habe ich mal eine Palette bayrisches Weißbier stehen sehen, was aber unverkäuflich war, weil er keine Alkohollizenz hat. Trotzdem sind wir zu ihm reingestürmt mit den Worten: „Wir brauchen dein Bier!“. Er fragte natürlich, was denn los ist und wir erklärten ihm, dass wir total verzweifelt sind, weil wir ein Oktoberfest veranstalten müssen. „Nun, das ist doch kein Problem“, meinte er, „da kann ich euch doch helfen“ und er bat an, dass er den Leberkäse, die Brezeln und den süßen Senf besorgen könnte und sogar für uns auf den Punkt backen würde, da er ja einen professionellen Backofen hat. Das Bier würde er uns schenken, wir müssten ihm dafür aber eine entsprechende Spende geben (wegen der nicht vorhandenen Lizenz). So bekommt man manchmal die tollsten Dinge an den ungewöhnlichsten Orten (unseren Espresso z.B. kaufen wir bei einem österreichischen Schreiner). Wir waren unendlich erleichtert, denn das Interesse an dem Fest war inzwischen riesengroß, so dass wir die Teilnehmerzahl auf 60 Personen begrenzen und einen Anmeldestopp verhängen mussten.

 

Ein Problem gab es allerdings mit der richtigen Musik. Da ich nicht weiß, was mit „Oumpah-Musik“ gemeint ist, habe ich mir gedacht, dass ich die aktuelle Musik vom Oktoberfest irgendwo herunterlade, es soll doch schließlich authentisch sein. Diese Musik habe ich aber nur bei deutschen Anbietern gefunden, die aus lizenzrechtlichen Gründen nicht ins Ausland verkaufen dürfen, was auch technisch verhindert wird. Also musste ich wieder einen Hilferuf nach Deutschland senden, wo ein Freund die Musik besorgt und in einer langen Nachtaktion auf meinen Webserver geladen hat. Nun konnte der große Tag kommen. Dagmar hat aus 15 kg Kartoffeln bayrischen und norddeutschen Kartoffelsalat gemacht, unsere Freundin Birgit hat den Krautsalat beigesteuert. Zu dritt haben wir das Klubhaus blau-weiß dekoriert und alles hergerichtet, bevor die ersten Gäste staunend hereinkamen und sich über die seltsam verschlungenen Brotstangen auf den Tischen wunderten, denn so was wie eine Brezel hatten viele noch nie gesehen. Natürlich konnte sich auch niemand etwas unter Leberkäse vorstellen, doch die anfängliche Skepsis schlug schnell in enthusiastische Begeisterung um, so dass sich manche etwas für ihre Verwandten einpackten. Und obwohl die meisten Südafrikaner Weintrinker sind, rann fast ein ganzer Barkühlschrank voll Weißbier die Kehlen herunter.

 

Als Kleiderordnung war bayrisch angesagt, doch kaum einer hat es so ernst genommen wie unser Nachbar Pieter:

 

 

 

Die Barmannschaft wurde daher auch von uns stilgerecht ausgestattet:

 

 

 

Zu einem richtigen Bierfest gehört natürlich auch das trinken aus dem Stiefel, dieser wurde zunächst etwas skeptisch beäugt,

 

 

 

machte dann aber doch schnell die Runde, wobei manch einer die gefährliche Variante wählte, es ist aber ohne größeren Flurschaden verlaufen.

 

 

 

Die Gäste hatten sich aber auch was einfallen lassen und einige lustige Einlagen beigesteuert.

 

 

 

Alle waren gut drauf und total begeistert. Nur einige wenige waren enttäuscht, dass sie keine echte Oumpah-Musik gehört haben, aber vielleicht kriege ich bis zum nächsten Jahr raus, was das ist, denn ich fürchte, dass wir aus der Nummer tatsächlich nicht mehr rauskommen.

 

Und während bis spät in die Nacht gefeiert und getanzt wurde, waren wir drei Krauts auch ein wenig stolz auf dieses gelungene Fest.

 

 

 

Am nächsten Tag war unser Oktoberfest DAS Stadtgespräch. Die Leute haben sich bei uns überschwänglich bedankt und alle, die nicht dabei waren, neidisch gemacht. Jemand meinte, dass dies die beste Party in der Geschichte des Klubs war und den gibt es schließlich schon seit 1924. Es wurden auch schon Stimmen laut, die im nächsten Jahr ein Zelt für 1000 Personen aufstellen wollen, das ist uns aber doch eine Nummer zu groß.

 

So, das wäre abgehakt, aber das nächste Projekt wartet schon. Wir versuchen, eine deutsche Theatergruppe zu gründen. Ob uns das gelingt weiß ich noch nicht, wir werden darüber berichten.

 

Bis dann, bleibt gesund und viele Grüße von den langsam wieder nüchtern werdenden

 

Dagmar & Karl-Heinz Wollert

 

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South Africa

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