Von: Karl-Heinz Wollert [info@wolli-online.de]
Gesendet: Sonntag, 22. Januar 2012 15:56
Betreff: Unser deutsches Theater

Hallo zusammen,

wir hoffen, ihr seid alle gut ins neue Jahr gerutscht und gesund und munter. Wir stöhnen hier etwas unter der Hitze, aber wenn wir den Wetterbericht von Deutschland sehen, wollen wir uns nicht beklagen.

 

Nachdem wir im letzten Jahr so erfolgreich ein Oktoberfest veranstaltet haben, sind wir ganz mutig an unser nächstes Projekt gegangen: Der Gründung einer deutschen Theatergruppe! Vorab gesagt, es ist uns gelungen. Wir hatten uns gedacht, da hier ja viele Deutsche leben und um diese Zeit viele deutsche Urlauber hier sind, müsste eigentlich genügend Potenzial da sein. Zu unserem großen Glück gibt es hier einen Theaterverein, der ein professionell ausgestattetet Theater, „The Playhouse“, betreibt und deren Regisseurin ursprünglich die Idee zu einer deutschen Aufführung hatte. Sie haben uns die Bühne zur Verfügung gestellt und uns ganz toll mit Logistik und Technik unterstützt. Da die Zeit etwas knapp war, konnten wir kein großes Stück einüben, sondern haben einen geselligen Abend mit Loriot-Sketchen geplant, d.h. es gibt erst was zu essen und trinken, dann die Aufführung und danach treffen sich alle an der Bar. Loriot ist natürlich aktuell und jeder Deutsche kennt ihn. Das Playhouse hat Plakate und Flyer drucken lassen und wir waren natürlich stolz, als wir den ersten Entwurf in Händen hielten.

 

  

Etwas schwierig gestaltete sich die Rekrutierung der Schauspieler. Anscheinend hatten die Deutschen keine rechte Lust, die Mühen auf sich zu nehmen. Zu unserem ersten Treffen erschienen nur eine Handvoll Leute, die noch nie auf der Bühne standen und dort auch gar nicht hinwollten, sondern nur im Background helfen wollten. Sie wurden aber kurzerhand zwangsverpflichtet. So ist doch noch eine kleine illustre, wenn auch nicht ganz deutsche Truppe zusammengekommen:

 

 

Von links nach rechts: Pilar, eine Belgierin, die aber 8 Sprachen spricht; Peter, der schon seit 37 Jahren hier lebt und mit einer Südafrikanerin verheiratet ist; Jörn, der in der Türkei geboren ist; dann wir zwei; Vicki, eine Südafrikanerin, die ein paar Jahre in Deutschland gearbeitet hat und Elke, eine Südafrikanerin mit deutschen Vorfahren. Die untere Reihe sind Mitgliedern des Playhouse: Dian, der Lichttechniker; Simon, der Bühnenmanager; Bettina, die Regisseurin und Katjenka, die den Verfolger bedient hat.

 

Die Proben waren dann auch etwas problematisch, weil einige unserer Truppe nicht eingesehen haben, die Texte zu lernen und wohl ein wenig überrascht waren, dass Theater harte Arbeit ist. Letztendlich haben wir aber doch 19 Programmpunkte zusammenbekommen, was natürlich eine große Herausforderung an schnelle Szenenwechsel stellt. Zwischen den Proben sind wir herumgerannt und haben Plakate aufgehängt, Flyer ausgelegt und jedem, der deutsch sprach, einen in die Hand gedrückt. Es gab Radio-Interviews mit Bettina, ich habe das Touristen-Büro unterrichtet und 100 Gästehäuser angeschrieben. Die Reaktionen waren überwältigend. Alle fanden es ganz toll, dass wir so was auf die Beine stellen und selbst Südafrikaner, die selber kein Wort deutsch sprechen und noch nie was von Loriot gehört haben, versprachen zu kommen. Deshalb haben wir alle Texte ins englische übersetzt, um sie dann während der Vorführung über der Bühne einzublenden, also Theater mit Unter-(oder besser gesagt Über-)Titeln.

 

Die Vorbestellungen liefen erstaunlich gut und am Ende hatten wir fast 300 Zuschauer in drei Vorführungen, was nicht schlecht ist für so eine kleine Zielgruppe. Die Aufregung vor der Premiere war natürlich groß und so ist die erste Aufführung auch ziemlich den Bach runter gegangen, aber die nächsten Aufführungen liefen fast perfekt. Wir beide brillierten jedes Mal in den bekannten Ehepaarrollen wie Frühstücksei, Feierabend, Garderobe und Fernsehabend.

 

   

    

Den Abschluss bildete der Sketch mit den Männern in der Badewanne, Jörn als Herr Müller-Lüdenscheid und ich als Dr. Klöbner. Leider hat Jörn den Sketch jedes Mal versemmelt, aber egal, das Publikum war begeistert und hat uns anschließend in der Bar noch ordentlich gefeiert. Manche machten sogar den Vorschlag, wir sollten mit den Ehepaarszenen in Kapstadt auf Tournee gehen, das ist uns aber doch eine Nummer zu groß.

 

Es hat allen großen Spaß gemacht und den Leuten hat auch das Konzept sehr gut gefallen, so haben sich viele nach langer Zeit wieder gesehen oder neue Leute kennen gelernt. Es geht doch nichts über german Gemütlichkeit! Der Erfolg hat uns jetzt mutig gemacht und wir planen, im nächsten Jahr ein richtiges Stück aufzuführen, die Idee ist, „Der verkaufte Großvater“ zu geben. Mal sehen, ob das unser Schauspielerpotenzial hergibt. Dann aber doch lieber ohne Untertitel, denn der Operator hat mir schon manchmal leid getan, wie er versucht hat, den Textsprüngen der Kollegen zu folgen.

 

So, jetzt haben wir den Kopf wieder frei und genießen den südafrikanischen Sommer.

 

Bis bald, bleibt gesund und viele liebe Grüsse

 

Dagmar & Karl-Heinz Wollert

 

43 Mountain Fern Crescent

Fernwood Estate

Somerset West, 7130

South Africa

+27(0)21-8522494 Landline

+27(0)713537196 Mobil